Ist ein Sommer-Törn in Corona-Zeiten überhaupt möglich?
Mit großer Besorgnis habe ich mich das gefragt und natürlich zahlreiche Foren und Quellen recherchiert, um Antworten zu finden. Selbst die dänische Regierung sorgte bei vielen Seglern für mehr Verwirrung, da eine 6-tägige Vorausbuchung der geplanten Häfen Voraussetzung für das Befahren der dänischen Gewässer vorgeschrieben wurde. Tatsächlich sind Häfen auf einem Urlaubstörn schwer vorauszuplanen, da meist das Wetter, also der Wind die Route maßgeblich beeinflusst. Tatsächlich interessierte sich auf unserem Törn zum Beispiel niemand für das Vorausbuchungsformular. Kurz vor unserem Törn nahm das Folketing die Regelung wieder zurück, ich vermute, dass es aus Ermangelung von Hafenmeistern vor Ort gar nicht adäquat umzusetzen war – in den meisten dänischen Häfen gibt es nur noch Bezahlautomaten!?
Viel schwieriger gestaltete sich der für unsere Verhältnisse sehr lockere Umgang mit den Vorsorge-Maßnahmen der immer noch grassierenden Covid-19-Pandemie….
Stürmischer Start
Von einem kräftigen Tief nutzte ich den Südwest und rauschte mit in Böen über 30 Knoten Wind auf dem Weg nach Nord. Mein stäbiger gemäßigter Langkieler, der sonst so spurtreu seine Bahnen zieht, lief mir vor Fehmarn mehrere Male aus dem Ruder! So etwas habe ich in den vergangenen drei Saisons noch nicht erlebt! Ich segelte das Boot mit nur zu einem Drittel weg gereffter Genua, und machte in fünfeinhalb Stunden 37,7 Seemeilen. Der Plotter zeichnete einen Maximal-Speed von 9,1 Knoten auf!
Ebenso spannend war das Anlegemanöver in Burgtiefe. Nachdem ich –ALLE- Stege abgefahren bin um einen grünen Platz in „der richtigen Richtung“ zu finden, habe ich mich für eine unbeschilderte Box entschieden. Schade, dass es besonders an windreichen Tagen viele freie, aber rot gekennzeichnete Boxen und kaum grüne gibt.
Der nächste Tag wurde durch seinen Windreichtum als erster Hafentag ins Logbuch eingetragen. Ich nutzte die Zeit, um das Boot aufzuklaren und die Großschot Führung auf dem Steuerhaus zu optimieren. Der Ausrüster in Burgtiefe ist gut sortiert und unterstützte mich tatkräftig!
Am dritten Tag ging es endlich weiter. Dem West ging etwas die Puste aus, sodass ich es versuchen wollte, durch die Brücke und auf dem Kiel-Fehmarnsund-Weg in die Kieler Bucht zu kommen. Nach zwei Stunden Maschinenfahrt und ein ewiges in-die-Wellen-hämmern habe ich dieses Vorhaben abgebrochen und bin nach Heiligenhafen zurückgefahren. Da ich kein Freund von großen Marina-Anlagen bin, zog es mich in den Kommunalhafen, der im hinteren Teil für Sportboote gesperrt ist. Dabei entdeckte ich die Brücke des Museumshafens und DEN freien Platz, ganz vorne an der geschützten Innenseite. WAS für ein Plätzchen, mit Blick auf den Kleiderbügel!
Der Hafenmeister, oder besser gesagt die Hafenmeister waren nicht in ihrem Büro anzutreffen. Ein Schild verwies auf ein provisorisches Büro, einmal um den halben Hafen rum. Tatsächlich habe ich das Büro in einem ausrangierten Wohnwagen im piefigen 80er Jahre Look gefunden und um Erlaubnis für den besonderen Platz gebeten. Nach telefonischer Rücksprache mit den Kollegen bekam ich die Erlaubnis für eine Nacht dort liegenzubleiben.
Kurs Dänemark
Am kommenden Tag wurde die Crew aufgestockt: Meine Frau kam an Bord. Leider hielt sich das sonnige Wetter nicht mehr: Es regnete durchweg. Nebeneffekt war aber auch der nun fehlende Wind. Somit stand uns offen, welchen Weg wir weiter verfolgen: Kieler Bucht oder rüber, nach Dänemark. Mit eingestelltem Autopilot liefen wir zwei Stunden später mit sechs Knoten Marschfahrt der Südspitze Langeland entgegen. Bis in den Nachmittag regte sich kein Lüftchen, sodass wir vollkommen relaxt und trocken, da Aufenthalt im Steuerhaus J Bagenkop erreicht haben.
Der folgende Tag stand im Zeichen einer durchziehenden Front, sodass ein Hafentag die logische Konsequenz war. Für mich gibt es nichts Schöneres, als in fremden Ländern einzukaufen umso Menschen und Kulturen näherzukommen. Wir steckten immer noch mitten der Coronapandemie und in Deutschland mit verschiedenen Verhaltensregeln belegt. Wie gehen die Dänen damit um? Tragen sie auch Mund-Nasen-Schutz?
Im Supermarkt wurden wir überrascht und erlebten ein „neues Einkauf-Gefühl“! Ohne Mund-Nasen-Schutz einzukaufen, sorgte eher für Unsicherheit, als eine positive Shopping-Tour! Die dänische Regierung leistet auch mit der Abstandsregel von einem Meter meiner Meinung nach keinen sicheren Beitrag zum Corona-Schutz. Unsere eineinhalb Meter zwingen förmlich zu überlegen, ob es reicht, oder ob man noch einen Schritt zurückweichen soll. Ein Meter ist meiner Meinung nach eine zu weiche Regel, schwer umzusetzen und wie wir später in Svendborg feststellen mussten, auch nicht umgesetzt wird!
Der nächste Tag bescherte und wieder den gewünschten Sonnenschein, allerdings auch einen Nordwest mit gut 20 Knoten. Wir wollten los, also Maschine an, Zähne zusammen beißen und gegen die bereits aufgebaute Welle Richtung Marstal anmotoren. In der Einfahrt zur dänischen Südsee kamen wir in ruhiges Gewässer und so machte es eine große Freude, endlich den Jockel abzustellen und wieder zu segeln! Nach zwei Kurven und einem längeren Geradeausstück lag Strynö vor uns. Bisher bin ich immer auf dem Weg nach Svendborg oder den großem Belt an dieser Insel vorbeigefahren. Der erste Touch-Down stand an! Und tatsächlich bekamen wir ein schönes Längsseits-Plätzchen, direkt hinter einer Arbeits-Schute. Der Urlaub konnte beginnen!
Nach dem Landgang und Inselerkundung probierte ich abends mein neues Kochgeschirr, den schwedischen Omnia-Überbacktopf aus – mit sehenswertem Ergebnis! Mal schauen, wann ich das erste Brot darin backen werde!?
Der nächste Tag brachte uns segelnd an Rudköbing und der Brücke vorbei, Kurs Svendborg-Sund. Da uns der Strom günstig schob, konnte ich eine etwas größere Yacht versegeln, was natürlich zu eifriger aber vergeblicher Trimmarbeit auf dem „Gegnerboot“ führte 😉
Svendborg überraschte uns: bereits am frühen Nachmittag proppevoll, fast wie zur Silverrudder!? Etwas mutig steuerte ich direkt zum Wasch-Haus und fand einen etwas kniffelig anzusteuernden Platz in der vordersten Ecke. Ziemlich happy ob des guten Liegeplatzes nutzten wir das schöne Sonnenwetter und wanderten entlang des Sundes Richtung Christiansminde Strandbad. Das Wasser war deutlich zu frühsommerlich, was meinen Badeausflug stark verkürzte…Trotzdem erfreuten wir uns an der besonderen Landschaft.
Zum Abend füllte sich der Hafen noch mehr, sodass wir den Aufenthalt langsam als unangenehm empfunden haben. Wir eroberten am nächsten Tag die Stadt und stellten in einem Café schnell fest, dass es die Dänen mit dem Sicherheitsabstand nicht „so eng“ sehen => kaum Abstand, volle Geschäfte und Restaurants und keinen Mund-Nasen-Schutz!? Das gefiel uns nicht!
Also zurück an Bord. Hier wurden wir gerade von zwei weiteren übergroßen Booten „in die Zange genommen“… Jetzt wollten wir nur noch eins: weg! Nach einem aufwendigen Ablegemanöver fuhren wir gegen den Strom, Richtung West in der Hoffnung, einen Platz auf Skarö zu ergattern. Die Götter waren uns wohl gesonnen: Es waren sogar noch mehrere Boxen frei! Hier zeigte sich wieder, dass ein Boot mit nur drei Meter Breite eigentlich immer eine Box findet!
Nach der großen Inselrundfahrt mit Leih-Fahrrädern genossen wir einen wunderbaren Abend auf der ruhigen Insel, weit weg vom Getöse der „Großstadt“ Svendborg.
Am nächsten Tag fuhren wir vorbei an Avernakö nach Faaborg. Die kleine hübsche Stadt haben wir noch gut in Erinnerung. Wir fanden einen schönen Platz, bekamen später zwar eine etwas lautere Nachbar-Familie, die uns aber nicht davon abhielt, Faaborg zu genießen. Ganz besonders hat uns das öffentliche Hafen-Bad gefallen, indem man von einem Turm in die Ostsee springen kann! Die Altstadt zeigte jedoch dieselbe Herausforderung wie Svendborg: Es waren einfach zu viele Menschen ohne Abstand und ohne Masken unterwegs!
Die dänische Südsee ist voll
Am nächsten Tag machten wir uns auf den Sprung zur vorgelagerten Insel Lyö. Bereits mittags war der „neue“ Hafen rappelvoll. Keine Liegeplatzmöglichkeit, ohne Klettertouren über mehrere Boote, von denen wir in der Corona-Zeit absehen wollen. Zum ersten Mal musste ich einen Hafen wieder verlassen, weil ich keine Liegemöglichkeit finden konnte!
Also verholten wir uns in die vorgelagerte Ankerbucht und gesellten uns zu den weiteren 35 Ankerliegern…!!! Der ruhige Sommertag und der fehlende Wind zerstreuten jeden Einwand gegen eine Nacht vor Anker.
Schnell war das Kanu aufgeblasen und es wurde übergesetzt, um die Insel zu erkunden. Nach einer wunderbar ruhigen Nacht wurden wir durch eine heftige Wellenfolge quasi aus dem Schlaf geschüttelt! Eine Motoryacht oder ein Berufsschiff erzeugte eine dermaßen große Welle, dass die Ankerlieger vor uns, die mit zwei Booten nebeneinander lagen, Schaden nahmen, da die Riggs und die Rümpfe gegeneinander schlugen!
Nach diesem Schreck gingen wir Anker auf und fuhren weiter, rüber nach Fynshav auf Als. Dieser eher als Transithafen bekannte Hafen überraschte uns mit seiner typisch dänischen Gemütlichkeit und vielen freien Plätzen zur Auswahl. Der Fußmarsch zum Kaufmann, der oben, über dem Hafen durch eine gepflegte Siedlung führt, ist zwar nicht wie im Hafenführer in zehn Minuten zu machen, sorgt aber für eine gute Körperbetätigung 😉
In die Dyvig bitte einreihen
Unser Kurs führte uns am nächsten Tag die Halbinsel Als hinauf, wo wir unseren nördlichsten Punkt der Reise erreichten. Mit leichtem Südkurs mussten wir uns am Eingang zur Dyvig in einen Yachtkorso einreihen, wie ich ihn noch nie erlebt habe! Ein scheinbar endloses Band an Yachten liefe mit rauschender Bugwelle in die Dyvig ein, sodass wir uns kurz vorher entschlossen haben, rechts abzubiegen und das etwas unübersichtliche Fahrwasser zu nutzen, um in die Mjels Vig einzulaufen. Dort konnten wir uns noch einen Platz aussuchen! Nach einer schönen Wanderung zur Dyvig rüber, konnten wir uns einen Eindruck verschaffen, was wir vorhin scheinbar „verpasst“ haben…. Nein, einen komplett vollgerammelten Hafen mit Ankerliegern zwischendrin? Das wollen wir nicht!
Der Alssund zeigte sich am Folgetag mit sanften Farben und wenig Wind. Trotzdem konnten wir bis zur Brücke vor Sonderbug segeln. Nach einem kurzen Anleger fuhren wir durch und machten uns in die nahe gelegene Marina, wo wir dasselbe Spiel, wie vor der Dyvig erleben mussten. Nach einigem Auf und ab haben wir einen „halben“ Platz neben einer HR29 gefunden. In diese Box passen eigentlich zwei Boote von unserer Größe 😉
Der Rückweg führte uns an der Flensburger Förde vorbei (hier möchten wir im kommenden Jahr mehr Zeit verbringen!) entlang der norddeutschen Küste bis zur Schlei Mündung. An der Giftbude haben wir auch ein Plätzchen gefunden, sodass eigentlich alle Wünsche erfüllt wurden!
Der Folgetag bescherte uns eine bleierne Flaute, durch die wir durchmotoren mussten, vorbei an Damp und der Eckernförder Bucht, über den Stollergrund, rein in die Kieler Förde. In Laboe wollten wir noch einen Zwischenstopp einlegen und Besuch aus Lübeck empfangen. Die ausgezeichneten Sanitäranlagen der Baltic Bay Marina muteten uns, nach mehreren Wochen dänischen Inseln an wie in einem 5-Sterne-Hotel!
Über Fehmarn fuhren wir unser Boot nach 21 Tagen und 318,4 Seemeilen wieder in den Heimathafen Travemünde.
Fazit: Ja, man kann natürlich Törns nach Dänemark machen. Jeder trägt dabei eine hohe Verantwortung und schützt damit nicht nur sich selbst, sondern auch die Mitmenschen. Ob man weiter, z.B. Richtung Schweden segeln sollte, muss auch jeder selbst entscheiden. Wir sind aufgrund der hohen Covid19-Meldezahlen weder in unser Lieblingsrevier, den Öresund, noch nach Schweden gesegelt. Es musste dieses Jahr eine kleine Runde werden und es geht auch! Wir werden allerdings nicht mehr in der Hochreisezeit Anfang Juli starten, sondern etwas später. Ich bin auf den Sommer 2021 gespannt!