Ein scheinbar ganz normaler Sommertörn

Einmal Kleiner Belt und zurück, inklusive Nachricht von Angie


Auch der Sommer 2021 stand im Zeichen des Corona Virus. Während des Törns kletterte Dänemark auf den Status „Hochinzidenzgebiet“, was vonseiten der Regierung im weiteren Verlauf wieder zurückgestuft wurde!? Wir wurden an das Thema während der Rückkehr nach Deutschland auf der Höhe Leuchtturm Kalkgrund mit einer SMS der Bundesregierung erinnert, aber dazu später.

Die Vorbereitungen in Travemünde haben in einer Hitzeperiode mit über 30 Grad unter Deck begonnen. Ich segelte, durch die Nordwestlage bedingt, einhand, wie so oft „rechts herum“, also mit raumen Kurs nach Osten zu der Insel Poel. Dort war es so heiß, dass sich viele Segler auf den Booten gar nicht mehr die Mühe zum ziemlich überfüllten Strand machten, sondern gleich achtern ins Hafenbecken sprangen. So habe ich mich auch mehrmals abgekühlt.
Von Poel ging es weiter der vorpommerschen Küste entlang, an Rerik vorbei bis nach Kühlungsborn. Meine Überlegung war, bei nordwestlichem Wind von hier besser nach Dänemark rüber zu segeln, in der Hoffnung, dass der Wind nicht zu sehr auf Nord dreht. Mit einem knappen Anlieger segelte ich bei anfangs 25 Knoten Nordwest über die Kadetrinne und kam exakt westlich der Untiefentonne Gedser Ansteuerung raus.

Törnstart in Travemünde.

Der Transithafen Gedser ist wirklich kein Traum, aber ich war genau hier mit meiner Frau verabredet, die mit der Fähre via Rostock nachgekommen war. Mit der nun kompletten Crew, führte uns der Törn weiter durch den Guldborgsund in den gleichnamigen Ort am nördlichen Ausgang. Was uns etwas traurig machte, war die online-Meldung, dass die Klapp-Brücke südlich von Nyköping ab August nur noch sehr eingeschränkt öffnen wird und womöglich ganz geschlossen werden soll. Mal schauen, was die Dänen ab der kommenden Saison tun werden!
Guldborg hat den verlockenden Ruf eines hervorragenden Grill-Imbisses, bei dem man auch seine Liegegebühren zahlt und die tipptopp gepflegten Sanitäranlagen nutzen darf. Die Straße rauf befindet sich ein ebenfalls gut sortierter Supermarkt, sodass viele Crews gestärkt und proviantiert die Weiterfahrt auf die Inseln des Smalandfahrwassers fortsetzen können.

Guldborg: Das nördliche Tor zum Smalandfahrwasser.

Neue Häfen
Wir haben uns in diesem Sommer vorgenommen, möglichst viele unbekannte Inseln und Häfen anzulaufen. Gesagt getan: Nach einer ziemlich langen Fahrt unter Maschine (leichter NW auf die Nase) haben wir die etwas südlich gelegene Insel Askö By angesteuert. Der Hafen hat schon bessere Jahre gesehen. Wegen dem Fähranleger und dem zu erwartenden Schwell habe ich das Boot im hinteren Hafenbecken, neben einem anderen 9-Meter-Segler eingeparkt. Was ich nicht eingeplant hatte, war ein Fallen des Wassers… am Abend hatten wir noch fünf Zentimeter unterm Kiel. Leider wurde es Richtung Ausfahrt noch flacher, sodass wir bis zum nächsten Morgen eine „Flut“ benötigten!
Die nette Insel verfügt über einen kleinen Kaufmannsladen, schöne Rad- und Wanderwege und ein relativ neues Ferienhausgebiet im Osten, was den intensiven PKW-Verkehr erklärt, den die Fähre jedes Mal auf die Insel ausspuckt. An einer Abzweigung, die zu einem WC führt, fanden wir eine wunderschöne kleine Inselkirche mit angeschlossenem Friedhof.
Der nächste Tag bescherte uns die erhoffte kleine „Flut“, sodass wir aus dem flachen Hafen mit 1,40m Tiefgang wieder rausfahren konnten. Die bestehende Flaute aus dem Hochdruckgebiet über der Ostsee begleitete uns bei der weiteren Maschinen-Fahrt Richtung Norden. Das neue Ziel war die Insel Agersö im gleichnamigen Sund. Hier angekommen mussten wir schon ganz schön kreativ durch den vorgelagerten Fischereihafen kreisen, um einen der begehrten Liegeplätze zu ergattern. Ein Motorboot fuhr los und da war er: Traumplätzchen mittendrin!
Diese hügelige Insel bezauberte uns sofort! Die langen Ausläufer nach Süden und nach Norden bieten hervorragende Rad- und Wanderwege. Der Sommerhitze geschuldet, fiel unsere Wanderung über den Kaufmann etwas kürzer aus. Das Bad im Hafenbecken lockte dann mehr 🙂
Am Abend wunderten wir uns über eine Art Stroboskop-Licht, das durch die Kabinen-Fenster blitzte. Wie sich herausstellte, war es nicht das zuvor eingefahrene „Disko-Floß“, sondern eine defekte Hafenlaterne – genau über unserem Boot…

Askö By: Schöne Insel aber ziemlich flach im Hafen.
Traumplätzchen im Fischereihafen von Agersö.

Entdeckung eines neuen Sundes
Am nächsten Tag führte unser Kurs in den gegenüberliegenden Skaelskör-Sund, von dem ich schon einmal hörte. Tatsächlich stand hier eine mächtige Strömung, umso weiter wir ins Land fuhren. Nach etlichen Kurven tauchte die alte Stadt auf: Das habe ich nicht erwartet, herrlich!
Der Segelclub auf der Westseite ist ziemlich eng und mit einem gemäßigten Langkieler schwierig zu befahren. Leider, denn an einem Stegkopf lag ein Schwesterboot mit normalem, also kurzem Heck. Im gegenüberliegenden Westhafen haben wir einen prima Platz gefunden. Die Hitze führte zum Aufbau unseres neuen Schatten-Segels! Leider ist es größenmäßig etwas knapp bestellt, was nur zu einer knappen Abschattung sorgte….aber wir wollen uns ja nicht beschweren => schließlich haben wir (wieder Mal) Glück mit dem nordischen Sommer! Am Nachmittag erkundeten wir die Altstadt und besichtigten ebenso die alte Kirche im Westteil der Altstadt. Sie wurde bereits im 12. Jahrhundert errichtet und bietet mit dem Treppengiebel einen imposanten Eindruck der mittelalterlichen Baukunst. Leider war sie geschlossen, sodass wir das Bauwerk nur von außen bewundern durften.

Im Skaelskör Sund.
Skaelskör ist von Wasser umgeben und durchzogen.

Planänderung
Der nächste Tag stand im Zeichen eines über uns ziehenden Tiefdruckgebietes, das erstaunlicherweise mit ordentlich Ostwind daherkam. Die Prognosen, die schon im letzten Corona-Sommer nur eingeschränkt zu gebrauchen waren, versprachen jedoch stetig West. Unser Plan, Fünen westwärts zu umsegeln wurde damit abgeschrieben, da wir auf den längeren Kattegat-Strecken im Norden Fünens mit vornehmlich Westkurs segeln müssten. Also Planänderung und rüber, nach Langeland. Nördlich von Agersö konnten wir einen SW-Kurs anlegen und überquerten das Große-Belt-VTR, bei dem wir noch mal kurz die Maschine zur Unterstützung nahmen, da ein roter Tanker doch etwas dichter als erwartet, vorbeiziehen wollte.

Kurzer Maschinenschaden
Nach der Rundung der Nordspitze Langeland wurde es endlich ruhiger und wir liefen in Lohals ein. Der kleine Hafen im Norden der Insel gefällt uns schon seit Jahren sehr gut. Mit dem abziehenden Tiefdruckgebiet ging es am Folgetag weiter in den Svendborgsund und an der gleichnamigen betriebsamen Stadt vorbei, denn wir hatten bereits im vergangenen Jahr festgestellt, dass uns die übervollen Cafés und Restaurants durch fehlende Corona-Hygienemaßnahmen ziemliche Sorgenfalten bereitet haben.
Auf der anderen Seite liefen wir wegen fehlenden Windes unter Maschine bis zur ersten Insel vor dem Bug: Askö. Auch hier fanden wir noch einen Liegeplatz, obwohl wir relativ spät kamen. Nach dem Genuss eines auf der Insel hergestellten Eises und einem Spaziergang zum südlichen Inselende segelten wir am Folgetag weiter, Richtung Norden. Avernakö soll der nächste Stopp sein, denn weiter nach Lyö machen wir seit den Erfahrungen im vergangenen Jahr einen Bogen: zu überlaufen! Im schnuckeligen Hafen von Avernakö gab es erst einmal ein Bad hinter der Hafenmauer. Ein herrlicher Strand mit Badesteg drängt sich förmlich dazu auf, eine Abkühlung in der wunderbaren Ostsee zu nehmen. Danach wollten wir das Boot in eine Box verholen und ich stellte fest, die Motorelektrik war ausgefallen!!! Nach dem Ausbau des Schaltpaneels und Überprüfung der elektrischen Anlage an der Maschine musste ich kapitulieren. Also unter Segel ins gegenüberliegende Faaborg, denn dort befindet sich der nächste Volvo-Penta-Händler. Mit einem nördlichen Wind um drei Beaufort segelten wir nach Faaborg und erreichten das Außenbecken des Werfthafens ohne Probleme. Zum Schluss noch einen Aufschießer mit dem Langkieler, der fast klappte, und schon lagen wir mit Unterstützung einer freundlichen Motoryacht-Crew sicher im Hafen. Hier zeigt sich wieder, wie wichtig es ist, sein Boot unter Segeln zu beherrschen und dies auch immer wieder zu üben!
Bereits am nächsten Morgen war der „Schaden“ behoben => ein Volvo Mechaniker fand nach etwa zwei Minuten die dicke, gummiummantelte Steckerverbindung (die ich übersehen hatte), steckte sie weider zusammen und der Motor konnte gestartet werden. Umgerechnet 80 Euro kostete dieser „Spaß“, der eindeutig verhindert werden konnte….

Im Svendborg Sund.
Mit „Maschinenschaden“ im Werfthafen von Faaborg.

Großsegler-Regatta Rund Fünen
Am Abend schlenderten wir noch um den Haupthafen, da wir schon beim Hineinsegeln die vielen Großsegler-Masten gesehen hatten. Was für ein Spektakel => und das in Corona-Zeiten… Niemand trug eine Maske, geschweige denn wurde Abstand gehalten…. Wir haben uns eine möglichst ruhige Lauf-Zone ausgesucht, um wenigstens einen Blick auf die großen Segler zu werfen. Von einem Skipper erfuhr ich, dass es sich um die Rund-Fünen-Regatta handelte. Das hatten wir eigentlich auch vor, aber werden es zumindest diesen Sommer leider nicht mehr schaffen.

Kaum ein Durchkommen: Voller Hafen zur Windjammerparade in Faaborg.

Wetterwechsel
Am nächsten Morgen brachen wir zeitig auf. Ein West versprach zügiges Segeln nach Nord. Bereits auf der Höhe von Lyö kam die erste Front aus Nordwest. Aus dem lockeren -nach Norden segeln- wurde ein sportlicher Törn, knapp an Kap Helnaes vorbei, rauf in die Einfahrt von Assens. Nach dem großen Bogen in den geschützten Hafen bekamen wir einen schönen Platz, gleich am ersten Steg, neben einer großen Hanseat aus Kiel, die auf Heimatkurs war. Wir hatten unser nördlichstes Ziel im Kleinen Belt erreicht und wetterten die nächsten Tage die Störungen mit Starkwind ab. Am folgenden Tag kamen mitten im Durchzug einer Front die Großsegler aus Faaborg an! Spektakuläre Anlegemanöver von Dreimastern inklusive!
Assens gefällt uns sehr gut: Der Yachtausrüster vor der Tür (was der Bordkasse nicht gutgetan hat 😉 und ein kostenloser Fahrradverleih um den Weg in die Stadt oder zum Superbrugsen zu beschleunigen, versüßte den Aufenthalt.

Weiter Kurs Nord.
Wiedersehen mit den Großseglern in Assens.
Manche segelten trotz mächtig Wind bis fast in den Hafen.
Kleine Remepeleien gehörten bei den widrigen Bedingungen zum Anlegemanöver dazu.

Der Ausbruch
Nach mehreren Stadtbummeln, Besichtigungen der großen Frauenkirche und ein Landausflug zum Torö Hus, einer Landspitze südlich von Assens, wollten wir weiter und versuchten einen Ausbruch gegen den mittlerweile stark wehenden Südwest. Nach zwei Stunden frei-motoren, drehte der Wind auf über 30 Knoten auf => also umkehren und schnell in den Aarosund und den gleichnamigen Hafen. Die dortige X-Yachts-Dichte ist durch die Nähe der Werft beachtlich und sehenswert! Mit welchen großen Yachten man in diesen kleinen Hafen festmachen kann, hätte ich nicht gedacht.
Am nächsten Tag drehten wir den Bug endgültig wieder nach Süden und segelten hart am Wind in den Als Sund. Am östlichen Ufer kamen wir etwas dichter unter Land und sahen kurz vor der befreienden Wende auf die andere Sundseite einen Schweinswal, vielleicht in drei oder vier Meter Entfernung! Ein gutes Zeichen! Prompt riss der Himmel auf und wir segelten ohne Welle in den geschützten Alssund, mit Strom von achtern und ordentlich Speed über Grund. Nach der Brückendurchfahrt in Sonderburg war es dann genug. Eigentlich wollten wir noch etwas weiter nach Horuphav. Na ja, das nächste Mal.

Nachricht der Bundesregierung
Der Rückweg gestaltete sich dank einem schönen Nordwest ganz wunderbar: Mit einem Schrick in den Schoten segelten wir gemütlich über die Flensburger Förde und bekamen dabei eine Nachricht von Angela Merkel….diese forderte uns auf, bei Einreise die Registrierung als Rückreisende aus einem Corona-Hochinzidenzgebiet nicht zu vergessen!!!??? An diesem Rätsel, wie die Regierung an unsere handynummern gekommen ist, knabberten wir noch einige Stunden, bis wir in die Schlei und rauf nach Kappeln fuhren. Der Stadthafen bietet wunderbare Liegemöglichkeiten und die unterirdischen Sanitäranlagen sind ebenfalls ausgezeichnet, wenn man sie gefunden hat 😉 Da unser Wasserkocher seinen Geist aufgab, konnten wir in einem Kappelner Supermarkt einen neuen der Marke Corona kaufen. Na ja, er funktioniert zumindest einwandfrei.

LT Kalkgrund: Wieder zurück in deutschen Gewässern.
Wahrschau beim Gedränge auf der Schlei!

Wegen fehlendem Wind ging es am Folgetag auf bleiernem Wasser über 50 Meilen bis nach Fehmarn. Beim Griechen in Orth ist es fast wieder wie zu Hause: Herrlich!
Da wir etwas früher als geplant in die Lübecker Bucht einfuhren, gab es noch einen Stopp in Grömitz, bevor wir nach drei Wochen unseren Heimathafen in Travemünde erreichten.

Langer Schlag von der Schlei nach Fehmarn.
Das Ziel in Sicht: Der alt bekannte Kleiderbügel.