Sommertörn 2022: Einmal links herum!

Nach unzähligen Runden „rechts herum“, also via Mecklenburgische Küste oder direkt nach Gedser und weiter über den Guldborgsund Richtung Helsingoer, haben wir es dieses Jahr einmal anders herum versucht.

Anstatt mit der sonst üblichen Wetterstörung, die uns mit einem Südwest nach Norden bläst, wehte es dieses Jahr ganz leicht auf die Nase, also aus Nordwest. Wie üblich startete ich den Sommertörn einhand und sammelte die Crew später, in einem Hafen mit Bahn- oder Fähranschluss auf.
Nachdem Fehmarn erreicht wurde und Kapitän Reiner Dietzel via DP07/Kanal 24 am 25. Juni, dem internationalen Tag des Seefahrers von seinen rührigen und tränenreichen ersten Schritten an Bord erzählte (mein Kompliment an die Offenheit!), bescherte uns der Folgetag spiegelglattes Wasser und eine Fahrt ohne Beschuss aus Putlos-Todendorf, auf dem Kiel-Fehmarnsundweg. Die dreizylindrische „eiserne Fock“ gab ihr Bestes und der erste gesichtete Schweinswal der Saison sorgte für eine freudige Abwechslung! Vorhergesagt war kein Wind aber kurz vor dem Erreichen der Kieler Förde sah ich ihn, Bug voraus: der schwarze Strich am Horizont! Von 0 auf 25 Knoten, direkt auf die Nase! Also Reff reingebunden und Kursänderung nach Strande. Eigentlich wollte ich bis Schleimünde, aber mit 25 Knoten gegenan? Nein danke.

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Endlich geht es los!

 

In Burgtiefe
…und weiter durch den „Kleiderbügel“…
Traumliegeplatz in Strande…
..mit sagenhaften Duschräumen!

Die Front ist durch
In Strande konnte ich neben den sehr interessanten Booten (u.a. „Gloria“ von Peter Kohlhoff) die wirklich außergewöhnlichen Sanitäranlagen bewundern! Hier kann sich so manches Hotel eine Scheibe abschneiden und die Häfen an der deutschen Küste sowieso! Während im Nachbarhafen Schilksee die Kieler Woche abgebaut wurde, setzte ich meinen Kurs bei ziemlich grauem Wetter fort und erreichte nach ziemlich holpriger Fahrt über den Stollergrund die Giftbude in Schleimünde. Ein spektakulärer Sonnenuntergang zeigte mir das Ende der Wetterfront – jetzt wird alles gut! Und tatsächlich, am folgenden Morgen strahlender Sonnenschein aber leider, wie bei Hochdrucklagen üblich – kaum Wind.
Mit einer leichten Rest-Brise ging es weiter Richtung Norden. Ab dem Leuchtturm Kalkgrund war dann wirklich nichts mehr zu machen: also Jockel an und links abgebogen, in die Flensburger Förde.

Stollergrund querab!
Einer meiner Lieblingshäfen: Die Giftbude
Brennender Himmel am Abend.
Weiterfahrt mit Leichtwind und Hochdruckwetter.
Kalkgrund passiert.
Zwischenetappe Flensburg ist erreicht und die Crew ist komplett.

Kurz in Dänemark
Zum ersten Mal befuhr ich dieses zauberhafte Revier und konnte mich gar nicht sattsehen am hügeligen Ufer der dänischen Seite. Hinter der ersten Kehre bog ich in die Marina Minde ab. Sofort stellte sich die typisch dänische Ruhe ein, die wir deutschen Segler so sehr lieben! Nach einem wunderbaren Spaziergang über einen Hügel und Wäldchen im Hinterland, kehrte ich ein in den Alsstieg und wanderte zum Schluss direkt am Wasser der Förde zurück zum Hafen. Ein traumhafter Wanderweg!

Unruhige Nächte
Der nächste Tag bescherte uns eine ordentliche Brise aus Nordost mit an die 20 Knoten, sodass ich weiter, in die Förde „flog“. Auf der Höhe Mürwik war der Wind dann wieder weg, sodass die eiserne Fock das Kommando übernehmen musste.
In Flensburg fanden wir, ganz hinten, im Kommunalhafen einen wunderbaren Platz in der ersten Reihe. Am Nachmittag konnte ich die Rest-Crew, in persona  meiner Gattin, die per Zug von Lübeck anreiste, vervollständigen. Leider quälten uns in der Nacht eine Horde junger Menschen, die dem Alkohol nicht abgeneigt waren, mit lauter Musik – bis die Sonne über Flensburg wieder aufging….

Unter blauem Himmel und strahlendem Sonnenschein segelten wir die Förde wieder heraus, zumindest bis Mürwik, dann drehte der Wind weiter aus Ost, sodass uns der Jockel weiterhelfen musste. Der Weg führte uns aus der Förde und anstatt nach Sonderburg einzubiegen, fuhren wir weiter und schauten uns den beliebten Hafen Horuphav an. Das Highlight der Flensburger überraschte auch uns positiv. In einer ziemlich ruhigen Ecke des Hafens wollten wir uns von der vergangenen unruhigen Nacht erholen. Leider falsch gehofft: Gegen 21 Uhr, als wir bereits gemütlich wurden, bevölkerte eine Gruppe Männer die Elan nebenan. Nach einer kurzen Begrüßung machten mir die Männer einen gesitteten Eindruck und den akademischen Gesprächen zufolge schien meinen Eindruck zu untermauern. Leider ebenfalls falsch gedacht: Die Herrschaften begannen erst einmal ihr Grillgut klar zu machen und dann ging es los…nächtliches Gegröhle und wildes Urinieren von der Bordkante, nebst fortgesetzter „Unterhaltung“, die ob dem Alkoholeinfluss als solche nicht mehr klar zu verstehen war, rundete das Bild ab.
Am nächsten Tag stand fest: DAS darf uns nicht mehr passieren! Also Ablegen und Kurs zurück, via Sonderborg in den Alssund => unter Segel! Bis zur Abbiegung in die Dyvig konnten wir durchweg segeln, was besonders den Skipper sehr freute!

Horuphav hat eine schöne Marina und eine wunderbare Ankerbucht davor.
Durch die Sonderburg-Brücke in den Alssund.

Kurs Nord
Im Gegensatz zu den meisten Dyvig-Fahrern, die mit ausgesprochen schäumender Bugwelle die Bucht befahren (was uns schon bei früheren Fahrten aufgefallen ist!?), biegen wir rechts ab und fahren mit Schleichfahrt in die Mjelsvig. Dort haben wir bereits vor ein paar Jahren einen traumhaften kleinen Hafen entdeckt, fernab des Getümmels. Hier kamen die Klappräder zum Einsatz, mit denen wir unter „gewaltigen Anstrengungen“ ob der „bergigen Alslandschaft“, das wunderschöne Nordborg besuchten. Neben dem Schloss und dem angeschlossenen wunderschönen Park musste ich natürlich auch die gleichnamige Werft vor Ort besuchen. Ganz unscheinbar, in einer Seitenstraße, ist der Werfthof und die Hallen gelegen, die aufgrund des Wochenendes leider geschlossen waren.

Die Insel Als ist ein wunderbares Wandergebiet.
Auf dem Alsstien unterwegs.

Am Folgetag ging es weiter nach Norden: wir segelten auf die Insel Bagö, gegenüber von Assens. Die Insel gefällt uns sehr gut. Auf Spaziergängen entdeckten wir die geschützten Wälder ebenso, wie den Leuchtturm und das schöne Umland und dem herrlichen Blick über die Nachbarinseln.

Schöne Insel Bagö.
Unwetter über dem Eingang in den kleinen Belt.

Wetterstörung
Der Folgetag bescherte uns zuerst einen schönen Am-Wind-Kurs in den kleinen Belt. Mit dem Erreichen des Belts rollte von Backbord eine dunkelgraue Walze an, die eine Streichung der Segel forderte. Kaum eingebunden ging es auch schon los: mit über 30 Knoten Wind erwischte uns die Böenwalze, die mit Platzregen einherging. Hier zeigten sich wieder einmal die Vorteile unserer Bootskonstruktion: gut geschützt konnten wir das Geschehen im Steuerhaus „abwettern“ und behielten immer die Übersicht! Unter langsamer Maschinenfahrt steuerte ich das Boot in den Wind und beobachtete viele Crews um uns herum, die mit den noch stehenden Segeln kämpften – wahrscheinlich durchnässt bis auf die Knochen.
Wenige Minuten später war der Spuk vorbei und wir liefen ohne Wind durch den Belt bis nach Middelfart. Hier verholten wir uns in die sich im Bau befindliche Marina, nördlich des alten Hafens. Die Stadt überraschte uns mit dem wunderschönen Panorama-Weg, unmittelbar am Wasser, indem wir in etwa 50 Meter Entfernung Schweinswale auftauchen sahen! Der alte Hafen und die angeschlossenen Werften sowie die Stadt selbst sind mehr als sehenswert! Ein Besuch lohnt sich!

In Middelfart fest.

Mittlerweile verfestigte sich meine Idee, die Insel Fünen zu umrunden, was von der Crew eher skeptisch gesehen wurde, da wir dafür auch das holprige Kattegat befahren müssen. Bei strahlendem Sonnenschein ging es am Folgetag raus, ins Kattegat und rechts herum, Kurs Bogense. Durch die flachen Gewässer vor dem nordfünischen Hafen muss die Ansteuerung von Nordost gewählt werden. In einem weiten Bogen fuhren wir ein und waren überrascht, wie groß der Hafen war! Ein unglaubliches Angebot an Restaurants und Fischbuden, Bootsausrüster und eine Werft bieten jeden Service! Zudem erwarten den Besucher ein sehr schönes Strandbad, hinter der Ostmole des Kommunalhafens!
Der Folgetag kam grau und mit 20 Knoten Nordwest daher. Trotzdem liefen wir aus und machten uns auf den ziemlich holprigen Weg nach Äbelö, dass erst einmal umrundet werden wollte. Nach gefühlten Stunden Holperfahrt riss der Himmel auf und wir konnten wieder unseren Ostkurs, Richtung Fyns Hoved anlegen.

Am Ausgang kleiner Belt. Von hier aus geht es ins Kattegat.
Von Bogense muss die Insel Aebeloe gerundet werden.

Bergfest
Bei auflandigem Wind und entsprechender Welle die Ansterungstonne von Fyns Hoved zu finden, ist ganz schön spannend! Nach der Runde um die Huk beruhigt sich alles und wir sind in der wahrscheinlich geschütztesten Bucht weit und breit! Da es viele Segler bei den vorherrschenden Nordwest-Winden um 20 Knoten nicht hier her schafften oder die Ansteuerung scheuen, waren noch genug Plätze an der relativ neuen Brücke frei. So kamen die Fahrräder wieder zum Einsatz und wir entdeckten die schöne Nordspitze Fünens.

Eine der wahrscheinlich sichersten Naturhäfen weit und breit: Fyns Hoved.
Kleiner Leuchtturm von Fyns Hoved.

Gefährliche Wasserbaustelle
Ab dem Folgetag ging es hinter der Norddurchfahrt wieder auf Südkurs. Der Nordwest schob uns in Lee der Insel vollkommen geschützt runter bis Kerteminde. Hier zeigte sich die Anfahrt schwieriger als erwartet! Scheinbar wahllos ausgelegte gelbe Warntonnen schienen die Einfahrt zum Yachthafen zu blockieren? Ich hangelte mich von einer Warntonne zur nächsten und landete danach im Nordeingang des Hafens und drückte uns hinter einem Baggerschiff in die Marina. Wie sich später herausstellte, entwickelte sich diese Wasserbaustelle als Schadens-Top-Spot in dieser Saison! Selbst die YACHT berichtete über die unklare Gefahrensituation, die durch die Erweiterungsmaßnahmen der Marina begründet wurden. Tatsächlich war es wie immer: Die Kommune will sparen und beauftrage eine Firma, die mit einem Mann (!) und dem Baggerschiff nicht nur die Arbeiten ausführte, sondern wahrscheinlich auch für die Absperrung verantwortlich war!? So geht es natürlich nicht. Hier ist die öffentliche Hand gefragt, die entsprechend fachlich das Vorhaben begleiten und absichern muss!

Corona ist nicht vorbei!
Von Kerteminde führte uns der Kurs durch die große Beltbrücke in den beliebten Hafen von Lundeborg. Hier ist in der Hochsaison Kreativität bei der Platzsuche gefragt! Nach der dritten Hafenrunde war ich ratlos und wollte gerade wieder rausfahren, als mich ein älterer Halberg-Rassy-Skipper auf die Möglichkeit aufmerksam machte, direkt an einen Fischer und mit dem Bug halb an den Fischersteg anzulegen! Ein phantastischer Tipp! So wurde es gemacht und wir fanden ein lauschiges Plätzchen, mitten im Hafen. Bug voraus, also über der Slippbahn lag eine große Bavaria um die 50 Fuß, unter deren Ruderblätter vielleicht noch eine Zeitung passte… der Skipper erzählte mir, dass sie beim letzten Crewwechsel einen Gast an Bord haben, der Corona-Symptome zeigte und nach einem Test positiv ist. Letztendlich wurde diese Person am Folgetag „ausgesetzt“ und das Boot setzte seinen Kurs fort. Die Pandemie ist nach wie vor existent, da können noch so viele Regierungen alle schützenden Maßnahmen aufheben und vermitteln, als ob es keine Gefahr mehr gibt!

Durch die große Beltbrücke…
…nach Lundeborg.
Das Motto des Sommers 🙂

Vorgezogene Rückfahrt
Vorgewarnt durch verschiedene Wetter-Apps, die in den Folgetagen einen strammen West mit über 25 Knoten vorhersagten, haben wir uns entschlossen, die Rückfahrt zu beschleunigen, um uns nicht in Gefahr zu bringen. So liefen wir durch den Rudköbing Sund anstatt noch auf Strynö zu bummeln, weiter an Marstal vorbei, bis nach Bagenkop, dem Absprungbrett nach Fehmarn.

Tschüss Dänemark!

Mit ruhigem Wetter überquerten wir den Kiel-Fehmarnsund-Weg ein zweites Mal und vollendeten unseren Rund-Fünen-Törn! Bei ruhigem Sommerwetter konnten wir noch zwei Tage Fehmarn genießen, bis wir bei nicht aufgekommenen Starkwind (…) unsere Fahrt nach Travemünde fortsetzten und schließlich nach guten 350 Seemeilen beendeten.

In Orth auf Fehmarn…
…genießen wir den wahrscheinlich besten Eiscafè des gesamten Universums!
Rund 350 Seemeilen führten uns von Travemünde aus um Fünen herum und wieder zurück.