Abenteuertörn in den Osten

In diesem Sommer „nach Corona“ wollten wir wieder einmal die schwedische Küste erleben und haben uns eigentlich die Hanöbucht ausgesucht. Wie so oft kommt es beim Segeln anders, als es geplant wurde. Wir haben neue Ziele gefunden und erlebten mehr als erwartet, aber hatten zum Schluss leider auch gleich mehrere Abenteuer zu bestehen.

Sonniger Start in Travemünde

 

Kartenarbeit bei der Überführung nach Dänemark.

Sonniger Einhand-Start
Ein ausgeprägtes Hochdruckwetter forderte mich regelrecht dazu auf, die Ruhe zu nutzen, um Strecke zu machen. Gedacht getan: am Sonntag, den 26. Juni startete ich einhand von Travemünde Richtung Dänemark. Das spiegelglatte Wasser erforderte die „eiserne Fock“, sodass wir bis nach Gedser auf glattem Wasser dieselten. Der dänische Transferhafen begrüßte mich mit dem schwer zu beschreibendem Gefühl von Ruhe und Behaglichkeit. Hier laufen die Uhren langsamer und das tut gut! Mit diesem gelassenen Gefühl legte ich am nächsten Morgen wieder ab und zog meine Bahn weiter über spiegelglattes Wasser, Kurs Mön. Nach gut sechs Stunden Maschinenfahrt war Möns Klint querab. Die Kreidefelsen beeindrucken immer wieder! Hinter Mön wollte ich eigentlich Richtung Schweden abbiegen, aber die Luft war mittlerweile raus. Jetzt noch mal sechs Stunden Maschinenfahrt? Nein! Also Kursänderung mit neuem Ziel: Rödvig. Hier fand ich auch gleich einen guten Platz neben zwei jungen Damen, die jedoch am späten Abend weitergefahren sind. Nach einem Bad am herrlichen Strand neben dem Hafen folgte eine ruhige Nacht. Die Wetterveränderungen waren schon angekündigt, weswegen ich schnell noch einige Meilen nach Nordosten abspulen wollte. In den frühen Morgenstunden, also nach Sonnenaufgang sollte der Wind mehr aus Nord kommen und erst im Tagesverlauf auf Ost drehen = genau auf die Nase. Also Frühschicht: 5 Uhr hoch und 6 Uhr bereits in der Hafenausfahrt von Rödvig. Mit einem Anlieger konnte ich hart am Wind die Fahrwasser von Falsterbo queren und dann die südschwedische Küste ansteuern. Auf der Höhe des LT Falsterbo hörte ich über Funk die dänische Marine ein russisches Kriegsschiff rufen. Eiskalt lief es mir den Rücken herunter! Auch nach mehrmaligem Ausguck konnte ich, bis auf einen Windjammer aus Süd, nichts ausmachen. Die dänische Marine wünschte dem Kriegsschiff am Ende des Gesprächs eine gute Weiterfahrt, wenn die internationalen Richtlinien beachtet werden!? Erschreckend, wie plötzlich dicht das Kriegsgeschehen im Osten präsent sein kann!
Irgendwann drehte der Wind mehr auf Ost, also gegenan. Ergo: Maschine an und mit Unterstützung des Großsegels auf Hart-Am-Wind-Kurs, was mein gemäßigter Langkieler gar nicht mag, mühevoll weiter. Mittags um 13 Uhr war ich endlich in Gislovsläge, einem kleinen Fischerhafen, östlich von Trelleborg. Etappenziel geschafft!

Viel Verkehr in der Kadetrinne.

 

Aufmerksam Wache gehen ist beim Einhandsegeln besonders wichtig .

 

Wichtiges Etappenziel: Möns Klint.

 

In Schweden angekommen.

In Schweden
Am nächsten Abend holte ich meine Frau von der Fähre aus Travemünde im TT-Terminal in Trelleborg ab. So gehen einfache Crew-Transfers mit öffentlichen Verkehrsmitteln!
Am Folgetag setzten wir unseren Törn fort und segelten bei Waschküchenwetter nach Ystad, dem Transithafen an der schwedischen Südküste. Nachdem sich bereits ein Wetterwechsel vollzogen und der Westwind eingesetzt hatte, schielten wir bereits auf die Folgetage, da dort Westwinde von 25 Knoten plus vorhergesagt wurden! Wir folgten dem Wind und segelten weiter nach Osten.
Da die Hanöbucht als Tagestörn zu weit war, schlug meine Frau die schemenhafte Insel vor unserem Bug vor: Bornholm! So machten wir es und segelten bei zunehmendem Wind auf die Nordspitze der Insel. Mit Rauschefahrt umrundeten wir Hammerodde und erfreuten uns am Anblick der fremdartigen hohen Felsenküste.

Mit dem Bus von Gislovsläge nach Trelleborg.

 

Die Crew kommt mit der TT-Linie aus Travemünde.

Auf Lübecks Insel Bornholm
Um vor dem Starkwind der Folgetage geschützt zu liegen und uns nicht in den kleinen Becken von Allinge gefangen zu fühlen, wählte ich den einfach anzusteuernden Hafen von Tejn aus. Tatsächlich ist dieser Hafen nicht ganz so romantisch, wie Gudhejm oder Allinge aber bietet dafür ein ordentliches großes Hafenbecken zum Manövrieren (für einen Langkieler genau richtig) und zudem reichlich Platzwahl in verschiedenen Becken. Nachdem wir den für uns geeigneten Platz gefunden haben, wurde das Boot entsprechend für Starkwind vertäut (Leinen mit Ruckdämpfern usw.) und die Kuchenbude aufgebaut. Mit dem Supermarkt vor dem Liegeplatz spielte sich schnell eine Routine ein: Nach dem Brötchen kaufen hole ich meine Frau vom Morgenbad im angeschlossenen offenen Hafen-Freibad mit Sauna und Whirlpool ab.

Öffentliches Strandbad…

 

…mit Sauna und Whirlpool.

Die folgenden Tage bläst es ordentlich, was wir jedoch in Lee der Insel und im geschützten Hafen nur wenig mitbekommen haben. Auf dem Hafentagesprogramm stand ganz oben: wandern! Die Wanderroute „Rund Bornholm“ führt quasi an unserem Boot vorbei, sodass wir gleich mal den überaus reizvollen Weg nach Allinge ausprobierten. Auf der Hälfte des Weges sahen wir ein Reh, dass scheinbar ungestört auf den Granitfelsen wahrscheinlich nach Salzen leckte. Als wir dichter kamen, verschwand es im dichten Unterholz landeinwärts. Allinge zeigte sich in der schönsten Pracht und lockte uns natürlich mit einer Fisch-Mahlzeit. Zurück ging es mit dem gut ausgebauten Bus-Netz.
In den Folgetagen erwanderten wir die nördliche Insel und entdeckten wieder die sagenhafte Hammerhus-Burgruine und ein nachgeschaltetes Informationszentrum, das architektonisch ganz wunderbar in die Landschaft integriert wurde. Dort erfuhren wir, dass die Insel Bornholm einmal in Lübecker Hand war und der Hansestadt gehörte! Da sich die Lübecker nicht sehr ruhmreich benommen haben, gaben wir uns nicht als ebensolche bekannt, sondern hielten unsere Herkunft zurück 😉
Nachdem wir auch das wunderschöne Gudhejm und die über 20 Meter hohen Helligdomsklipperne erwandert haben, nutzten wir den bisher einzig grauen und regnerischen Tag um die Hauptstadt der Insel, Rönne zu erkunden. Viele Touristen tummeln sich auf den Straßen und Cafès, sodass wir zum Mittagessen einen Italiener „in zweiter Reihe“ gefunden haben. Zwar wurden wir mit aufdringlich lauten italienischen Schlagern konfrontiert, aber dafür mit wirklich riesigen fantastischen Pizzen entlohnt => Bella Italia auf der östlichsten dänischen Insel!

Hammerodde auf Bornholm gerundet.

 

Mit Ruckdämpfern und der Kuchenbude für den Starkwind gut vorbereitet.

 

Die wunderschöne Insel begeistert mit herrlicher Natur und Sonne.

 

nomen est omen: Traumhafen von Gudhejm.

 

Spektakulär: Hammerhavn mit Burg.

 

Zurück nach Schweden
Nachdem der West nach sechs Tagen erträgliche Werte von unter 20 Knoten angenommen hatte, segelten wir zurück an die schwedische Küste. Direkt gegenüber von Bornholm liegt Skillinge, dass ich schon einmal als Nothafen bei plötzlich aufkommenden Starkwind genutzt habe. Auch hier ist die touristische Entwicklung fort geschritten: Steganlagen wurden modernisiert und leider auch das Tally-Card-System eingeführt. Der Liegeplatzpreis wird nun nicht mehr mittels Automaten, sondern eigenständig, per QR-Code im Internet ermittelt und bezahlt. Mit einem relativ umständlichen Code-Nummer-Verfahren sollte auch die Landstromsteckdose ermittelt und abgerechnet werden. Zum Schluss stellte sich auch noch ein ziemlich hoher Liegeplatz heraus: 350 schwedische Kronen, also rund 35 Euro und erreicht damit die traurige Spitze der kostspieligsten Häfen des gesamten Törns!
Ein Zwischenhoch bescherte uns Sonnenschein, aber kein Wind, sodass wir entschieden haben, unter Maschine erst mal nach Käseberga „um die Ecke“ zu fahren. Auch dieser Ort hat sich zum Touristen-Hot-Spot entwickelt: Eine Fressbude neben der anderen. Uns fasziniert die Steinsetzung, oben auf dem Hochufer immer wieder! Voller Bewunderung und Ehrfurcht bestaunten wir die mannshohen Hinkelsteine, die die Ales Stenar-Schiffsetzung bilden. Am Rande des Kliff-Ufers nutzen bereits seit Jahren Gleitschirmflieger die Auf-Winde, die durch die Steilküste entstehen. Dieser lautlose Sport erscheint uns wahrscheinlich gefährlicher, als er eigentlich ist.

Skillinge: Wieder in Schweden.

 

Kaseberga…

 

…mit der großen Schiffssetzung.

 

Respekt: sieht leichter aus, als es wahrscheinlich ist!

Nach diesem spektakulären Eindrücken fahren wir weiter, an Ystad vorbei und besuchen den kleinen Hafen Abbekas. Solche kleinen schwedischen Fischerhäfen mit eingewachsener Ortschaft sind genau unser Geschmack.
Auch am Folgetag kein Wind. Also weiter die schwedische Küste westwärts motoren, bis wir unseren Absprunghafen Gislovsläge ein zweites Mal erreichten. Die Plätze waren mittlerweile fast alle belegt, was zeigt, dass die Hochsaison in vollem Gange war. Neben uns lag eine Drabant 27 mit einem netten jüngeren Hamburger Paar darauf, mit denen wir die Überfahrt nach Dänemark besprochen haben. Uwe war der Meinung, die berichtete Unwetterfront in Deutschland wäre am Folgetag auch in unserem Revier, was eine frühe Abfahrtszeit am nächsten Tag erforderte. Ich habe seine Befürchtungen nicht geteilt, sondern war der Meinung, dass sich die Front bis zu uns auflösen würde. Damit lag ich leider vollkommen falsch, wie sich am Folgetag herausstellen sollte.

Falsch eingeschätzte Front.

Unwetter-Absprung nach Dänemark
Uwe und Rilana brachen bereits um sechs Uhr auf, während wir noch in den Kojen schlummerten. Wir waren gegen 10 Uhr draußen und motorten in einen windlosen grauen Tag. Etwa zehn Meilen vor dem VTR Falsterbo steht sie vor uns, die Front, genau wie sie uns von Uwe am Vortag angekündigt wurde! Das besondere war der fehlende Wind!? Wir liefen unter Maschine über ein bleiernes Wasser. Das Wetter kam auf uns zu und Blitze zuckten über die gesamte Breite! Da es keinen Schutzhafen in der Nähe gab, hielten wir Kurs und querten das VTR im rechten Winkel, mit Unterstützung des AIS, da die Sicht durch einsetzenden Regen immer schlechter wurde. Selbst einige Stunden danach konnte ich kein Land ausmachen, obwohl wir etwa sechs Meilen vor Rödvig standen!? Erst vier Meilen vor der Küste hoben sich die schweren dunkelgrauen Wolken und gaben die Sicht auf die Küste frei. Mit der immer noch vorherrschenden Windstille fuhren wir in den Hafen von Rödvig und trafen auf Uwe und Rilana, bei denen wir auch längsseits gingen. Sie hatten ihren Plan, nach Klintholm zu segeln, aufgegeben und sind durch das Wetter bedingt nach Rödvig abgebogen. Nach diesem schönen Wiedersehen wollten wir den Rückweg gemeinsam fortsetzen.
Am Folgetag segelten wir in den Bögestrom, um in den geschützten Gewässern Weg nach Westen zu machen. Uwe ist nach unserem Tipp in Nyord abgebogen. Ein Südostwind bescherte uns wunderbares Segeln durch die Sunde und der Strom drückte uns zusätzlich nach Westen. Am späten Nachmittag erreichten wir den Masnedo-Hafen oder Vordingborg Süd, wie er auch genannt wird. Bei vorherrschenden Ostwinden ist der sehr hübsche und beliebte Vordingborg Yachthafen auf der anderen Landseite eine ungemütliche Falle, die wir vor einigen Jahren schon einmal erlebt haben!
Am Abend bekam ich eine WhatsApp Nachricht, dass Uwe und Rilana doch noch losgefahren sind, um ebenfalls Weg nach West zu machen. Eine Stunde später lagen wir wieder zusammen im Hafen und gönnten uns einen Begrüßungsschluck bei uns an Bord.

Zurück nach Dänemark ohne Landsicht!?

 

Morgentliches Unwetter im Masnedo Havn.

Holprige Rückfahrt
Die Nacht war um 5 Uhr zu Ende, denn ein Unwetter schob ein Gewitter nach dem anderen über unseren Hafen. Eine plötzliche Gewitterböe drückte das Boot in der Box in eine enorme Schräglage. Ich bin sofort hoch und beobachtete das Wetter aus dem sicheren Steuerhaus. Nach etwa einer Stunde war der Spuk vorbei. Die Rückseite des Tiefs bescherte uns schönes Wetter mit ordentlich West, der Wind hatte um 180 Grad gedreht! Eigentlich wollten wir durch den geschützten Guldborgsund die Fahrt nach Süden fortsetzen. Dazu hätten wir jedoch ein gutes Stück gegen Wind und Strom fahren müssen, was uns gar nicht gefiel. Ein Nachbar legte vorher ab und machte die Strecke Richtung Deutschland lieber in Lee der Insel Falster. Das war die richtige Idee! Also Umplanung und ablegen Richtung Grönsund, mit dem Ziel Hesnaes, wo wir schon lange nicht mehr waren.

Östlicher Grönsund Ausgang.

Mit Rauschefahrt segelten wir den Sund nach Ost und ließen uns auch noch vom Strom schieben, der im Gegensatz zum Vortag, nun aus der entgegen gesetzten Richtung lief. Nur mit gereffter Genua machten wir teilweise sieben Knoten Fahrt – läuft 😊
Vor Hesnaes haben wir bereits auf dem Plotter ein unklares AIS-Signal vor dem Hafen gesehen und gerätselt, was das sein soll? Wie sich herausstellte, arbeitete dort ein kleines Baggerschiff und versucht die Anfahrtsrinne auf Tiefe zu halten.
Im geschützten Hesnaes konnten wir es gut aushalten. Ein großes neues Cafè und Restaurant bietet eine große Auswahl an Kuchen und sonstige lokalen Leckereien an. Sonst herrscht hier Ruhe. Genau so stellen wir uns die Ideal-Häfen vor! Leider drückt ein wenig die Zeit, weswegen wir die auslaufenden Boote am Folgetag gut beobachteten: Wie sehr werden sie draußen durchgeschüttelt? Eine Magenverstimmung förderte eine verspätete Abfahrt nach Gedser. Scheinbar ahnte ich, was kommen wird….

Ein Baggerschiff arbeitet vor Hesnaes.

Erster Maschinenausfall
Für die geplante Strecke von keinen 20 Meilen rechneten wir mit rund vier Stunden. Nach einer Regenfront war der Wind plötzlich weg. Ententeich! Also Leinen los und den Bug nach Süden gedreht! Nach keiner Stunde Maschinenfahrt stotterte dieser und unterbrach zum ersten Mal seinen Dienst!? Nach einem weiteren Startversuch lief er wieder….für einige Minuten. Dann herscchte Stille. Also Segel hoch und vergebliche Fehlersuche. Nun musste eine Entscheidung gefällt werden, wohin wir motorlos segeln sollen. Der einfachste Weg, zurück nach Hesnaes, erschien uns charmant, war aber nach reifer Überlegung eine Falle! Wo sollen wir in diesem verschlafenen Nest einen Monteur finden? Also, weiter, nach Gedser!
Der Wind frischte auf und wir segelten mit über fünf Knoten dem Ziel entgegen: na bitte, geht doch! Durch ein paar Fronten verursacht, wehte der Wind nicht konstant, sodass wir kurz vor der Dämmerung erst am Gedser Riff waren. Der Kapp-Effekt führte noch dazu, dass der Westwind eher eine nördliche Richtung bekam, als mehr auf Süd zu drehen, wie ich im Stillen hoffte. Damit war klar: den Yachthafen können wir unter Segeln so nicht erreichen!
Glücklicherweise steht von Osten kommend genug Wasser über dem Riff! Auf vier Meter Tiefe kreuzten wir auf und hielten uns trotzdem von den flacheren Stellen frei. Mittlerweile ist es dunkel geworden. Auf dem Handy bekam ich eine Nachricht, dass Uwe in Gedser ist und fragte, wo wir sind. Was für ein glücklicher Zufall! Sie sind mit ihrer Animo die Strecke durch den Guldborgsund gefahren, so, wie wir es ursprünglich auch machen wollten. Ich habe Uwe kurz zurück geschrieben, was passiert war und dass wir vor Gedser kreuzen.
Da der Weg in den Yachthafen ausgeschlossen war, mussten wir in den Fähr- und Nothafen segeln! Uwe machte sich mit einem Stegnachbar zu Fuß auf den Weg zum Fährhafen, um uns zu leiten.

Mit ordentlich Wind unter Segeln nach Gedser.

Kurz bevor wir in den Fährhafen segelten, kam die Fähre! Das darf doch nicht wahr sein! Neben der Fähre nahmen wir das Groß herunter und versuchten uns auf Hart-Am-Wind-Kurs unter Genua zwischen Fähre und Hafenmauer herum zu mogeln. Die Fähre erreichte mit langsamer Maschinenfahrt gegen den Kai ein ruhiges Be- und Entladen und erzeugte dadurch ein starkes Schraubenwasser, was uns Richtung Hafenmauer drückte. Jetzt erkannte ich Uwe und Bernd auf der Hafenmauer stehen! „Gaaanz rechts in den Hafen fahren“, rief mir Uwe herunter. Wir schafften die Kurve und segelten in das östliche Hafenbecken. In diesen Augenblicken war es ungewöhnlich dunkel, was an einer herannahenden Front lag, die plötzlich ihre Tore öffnete. Während eines starken Platzregen segelte ich einen Aufschießer an die Hafenmauer und Uwe nahm die Leinen entgegen. Wir lagen fest im Hafen! Etwas später kam auch Bernd dazu und wir tranken erst mal einen ordentlichen Schluck Wein!

Das Boot lag im Fischerei- und Lotsenhafen Gedser nicht gut. Immer wieder drückten uns Böen in der Nacht gegen die hohe Hafenmauer. Am Folgetag war der Spuk vorbei – die Sonne schien und wir fühlten uns wohler. Die Lotsen wiesen uns allerdings darauf hin, dass wir hier weg müssen, da andere Segler unseren Mast sehen und dann den Hafen bevölkern könnten….

Im Nothafen Gedser.

 

Mit Unterstützung von Uwe und Bernd sicher in Gedser gelandet.

Wir suchten nach dem Frühstück einen Mechaniker, leider vergeblich! Auch mein Freund Frank unterstützte uns aus Lübeck, aber auch hier nur Adressen, die vollkommen überfordert waren. Es war Freitag und nach diesem Wochenende begannen in Dänemark die Sommerferien! Das Land schien danach still zu stehen!?
Zu unserem Glück bot uns der Vormann der dortigen SAR-Station die Nummer eines Mechanikers, der ihre Boote wartete. Tatsächlich war es eine Firma, die zu diesem Zeitpunkt keinen Mechaniker frei hatte. Aber Montag wieder… also planten wir ein Abschleppen des Bootes mit unseren Freunden aus dem Yachthafen. Dann rief der Mechaniker wieder an und kündigte sich in 20 Minuten an! WAS für eine Freude! Der junge Mechaniker war schnell an Bord und begann den Vorfilter abzuschrauben: Dicke schwarze Schlieren auf der Oberseite, während das Glas völlig klar war!? Auch der Dieselfilter wurde gewechselt. Zum Schluss hat er mit dem Mund die komplette Dieselleitung von der Pumpe bis in den Tank durchgeblasen. Es blubberte im Dieseltank! Alles zusammengeschraubt, entlüftet, Startknopf gedrückt, Motor läuft! Ich konnte es nicht fassen! Überglücklich fuhr mich der Mechaniker zum Geldautomat, um die Rechnung von 300 Euro zu bezahlen.

Der Mechaniker am Diesel.

 

Der Diesel im Vorfilter war glasklar!?

Maschine läuft fast wieder
Am Nachmittag starteten wir bei vollkommener Windstille und Sonnenschein die Fahrt „um die Ecke“, in den Yachthafen. Kurz nach Querung des Fährhafens ging der Motor wieder aus! Eine heranfahrende X-Yacht nahm uns auf den Haken und schleppte uns in den Yachthafen.
Nach einem Telefonat mit dem Mechaniker meinte dieser, dass es nur Luft im System sein kann. Sollte eine Entlüftung nicht funktionieren, würde er Montag kommen!
Ich pumpte die Luft in der Dieselleitung raus und siehe da, der Motor lief wieder! Trotz der Freude habe ich mich entschieden, meine Frau mit der Fähre und Bahn nach Hause fahren zu lassen. Ich hatte kein gutes Gefühl, was die Überführung in heimatliche Gewässer anbelangt und lag auch dabei leider richtig, wie sich später herausstellen wird.
Abends grillten wir mit Uwe und Rilana auf den neu hergerichteten Grill-Plätzen im Hafen.

Langer Rücktörn ohne Motor
Am nächsten Morgen brachte ich meine Frau zur Fähre und habe kurze Zeit später abgelegt. Der Diesel sprang anstandslos an. Da wir mittlerweile einen Südostwind hatten, gestaltete sich der erste Abschnitt der Fahrt als der schwierigste! Die Fahrt durch die Rinne, Richtung Fährhafen, war gegenan. Wir marschierten mit Großsegel-Unterstützung ohne Probleme gegen den Wind. Erstes Stück geschafft! Dann weiter, auf dem Fahrwasser nach Süden ging es hoch her – Wind und Wellen stellten sich gegen uns, was wir glücklicherweise problemlos wegmotoren konnten. Die langersehnte Tonne erreichten wir auch, sodass wir endlich abfallen und Kurs nach Deutschland absetzen konnten!

Unter voller Besegelung rauschten wir der Heimat entgegen! Eine große Freude überkam mich, ganz dem Motto: jetzt wird alles gut! Kurze Zeit später ging der Wind zurück und wir dümpelten Richtung Kadettrinne. Also Jockel an und mit seiner Unterstützung ging es mit ordentlichem Speed weiter. Leider nicht lange, den ein paar Minuten später stotterte der Diesel nicht einmal, sondern ging einfach sofort aus!?
Ich begann die Leitung zu entlüften, aber konnte überhaupt keinen Druck mehr mit der Handpumpe aufbauen!? In der Kadetrinne musste ich einem Frachtschiff ausweichen, machte aber genügend Fahrt, um kein Hindernis oder eine Gefahr darzustellen. Somit habe ich keine Securite-Meldung abgesetzt.
Später versuchte ich noch vergeblich, die Dieselleitung hinter dem Vorfilter abzubauen und in einen Reserve-Kanister zu stecken. Es half nichts: Ich musste das Boot unter Segeln zurücksegeln!

Ausweichmanöver in der Kadetrinne.

Als Nächstes folgte eine Flautenpause. Wir dümpelten südlich der Kadetrinne, zwischen Meck-Pom und Fehmarn. Ich versuchte mich gut nach Osten zu halten, um bei Südost nicht in die Landabdeckung von Großenbrode bis Dahmeshöved zu kommen. Aber genau so sollte es kommen! Nach einer plötzlich hereinfallenden Regenfront, in der der Wind von null auf über 25 Knoten blies, konnte ich zumindest weiter, in die richtige Richtung segeln. Um 18:30 Uhr war ich endlich unter Land, und zwar genau dort, wo ich nicht sein wollte: etwa fünf Meilen östlich von Großenbrode. Bei schwachem Südost begann ich aufzukreuzen. Quälende Stunde vergangen, bis ich nach 21 Uhr Dahmeshöved runden konnte! Hinter der Huk frischte der Wind glücklicherweise auf, sodass ich einen Anlieger auf Grömitz segeln konnte! Trotz einsetzender Dunkelheit überkam mich ein Hochgefühl: jetzt ist es bald geschafft! Dazu wurde die Beleuchtung des vor Grömitz aufgebauten Riesenrads eingeschalten, was mich regelrecht beflügelte! Jetzt bloß keinen Windabbruch oder ähnliches, das kann ich jetzt nicht gebrauchen!
Kurz vor der Hafeneinfahrt nahm ich das Groß weg und segelte unter Genua in den Hafen, den ich wie meine Westentasche kenne. Erst Rechtskurve, dann Linkskurve und plötzliche Stille! Ich rollte die Genua weg und trieb mit dem Restschwung längsseits an den Ausrüstersteg. Nach 14 Stunden habe ich die 66,6 Seemeilen von Gedser nach Grömitz geschafft! Neueste Erkenntnis: mein Boot segelt besser, als ich dachte 🙂

Ich komme dort raus, wo ich nicht rauskommen wollte.

 

Vor Dahmeshöved begann das lange Aufkreuzen.

 

Die letzten Meilen vor Grömitz.

Lange Reparatur
Am nächsten Tag gab ich die Maschine in Auftrag und musste damit zwar noch weitere dreizehn Tage warten, aber das war mir egal. Ich bin gut angekommen, es gab keine Verletzte, sondern nur reparable Schäden am Boot.

Wie sich später herausstellte, gab die Förderpumpe ihren Dienst auf. Nach Säuberung des Tanks (was nicht 100%ig durchgeführt werden konnte, da die Tank-Form es nicht zulässt) und aller Leitungen, nochmaliger Austausch der Filter und Ersatz der Förderpumpe läuft der Motor wieder und ich konnte das Boot nach 512,9 Seemeilen wieder nach Travemünde überführen. In den zweieinhalb Motorstunden der Überführung funktionierte alles wieder, wie es sein soll 😊